Zuckerfrei leben: Ich habe 60 Tage ohne Zucker gelebt – das ist das Ergebnis | BUNTE.de

2022-09-23 08:17:17 By : Ms. Taylor Wang

Längst ist bewiesen, dass Zucker nicht nur dick, sondern auch süchtig und krank macht. Und dennoch steigt der weltweite Zuckerkonsum stetig weiter. Bietet eine Zuckerentwöhnungskur den richtigen Weg aus dem Zuckerrausch?

Zuckerfrei leben: Ist das eine Option und lohnt sich das überhaupt? Acht Wochen lang habe ich mich dem Selbsttest unterzogen, um am eigenen Körper zu erfahren, welche Auswirkungen der Verzicht auf die süße Volksdroge hat.

Acht Wochen lang habe ich mich dem Selbsttest unterzogen, um am eigenen Körper zu erfahren, welche Auswirkungen der Verzicht auf die süße Volksdroge hat.

Angeleitet von der Australierin Sarah Wilson und ihrem Buch „Goodbye Zucker. Zuckerfrei glücklich in 8 Wochen“ habe ich dabei nicht nur auf Süßigkeiten, gezuckerte Lebensmittel und Zuckerersatzstoffe verzichtet, sondern auch Trockenfrüchte, Obst und Honig verschmäht.

Parallel dazu habe ich zur besseren Dokumentation sowohl mein Gewicht als auch meinen Körperfettanteil getrackt und meine Blutzuckerwerte vorher und nachher vergleichen lassen.

So ist – angefüttert um viele Hintergrundinformationen zum Thema Zucker – über zwei Monate „Darben“ ein kompakter Erfahrungsbericht entstanden mit einer klaren, persönlichen Einschätzung am Ende.

Der Mensch braucht Zucker. Aus Kohlenhydraten zieht sich der Körper Glukose, die unter anderem das Gehirn zwingend braucht, um funktionstüchtig zu bleiben.

Wenn man Zucker zu sich nimmt, wird darum das Belohnungssystem im Gehirn angeworfen: „Gut gemacht!“ heißt es dann als Reaktion auf den Verzehr eines so wichtigen Nährstoffes und das Glückshormon Serotonin wird ausgeschüttet.

Zucker an sich stellt also erstmal kein Problem dar. Vielmehr hat sich Zucker nach und nach zu einem Problem entwickelt.

Als die Menschen früher auf der Jagd durch die Landschaften streiften, war Zucker als sofort verwertbare Energiequelle so wertvoll wie selten.

„Wenn unsere Urahnen irgendwo süße Früchte entdeckten, war es für sie durch-aus sinnvoll, sich daran zu überessen“, klärt der Neurowissenschafter Dr. Anthony Sclafani, Professor der Psychologie am Brooklyn College in New York im 'Spiegel' auf, „Sie wussten ja nicht, wann sie das nächste Mal so etwas finden würden.“

Der Mensch ist quasi darauf programmiert, sich mit Süßem den Bauch vollzuschlagen – je mehr desto besser.

In diesem Zusammenhang konnte in den USA der Stoffwechselforscher Robert Lustig in Tierversuchen sogar feststellen, dass der Drang nach Zucker, wenn man die Tiere erstmal daran gewöhnt hatte, mit einer Heroinsucht zu vergleichen ist.

Eine Erkenntnis, die das Ausmaß, das der Konsum von Zucker annehmen kann, vielleicht bereits erahnen lässt.

Denn noch vor 150 Jahren wäre diese Tatsache nicht so verheerend gewesen, als die süße Droge in der Gesellschaft eh noch eine Seltenheit darstellte.

Heutzutage dagegen verhält sich das erschreckend anders.

Zucker ist allgegenwärtig geworden. Es gibt nicht nur das ganze Jahr über hinweg Obst und regalweise hochkonzentrierte, süße Verlockungen im Supermarkt zu erstehen – auch in Produkten, in denen man es nicht erwartet hätte, wird Zucker als Geschmacksverstärker eingesetzt:

Fertigsoßen, Ketchup, Joghurts (gerade auch in der fettreduzierten Variante), Müslis, Cornflakes, Sojasoße und noch viel mehr haben alle zwei Dinge gemeinsam: Sie sind standardmäßig stark mit Zucker versetzt - und sie bringen den Körper darüber ziemlich durcheinander.

Denn anders als bei komplexen Kohlenhydraten, die der Körper nur nach und nach allmählich in Zucker aufspalten und verwerten kann, führt purer Zucker zum Ausnahmezustand.

Je reiner der Zucker nämlich ist, denn man isst, desto schneller gelangen die Zuckermoleküle in die Blutbahn.

„Der Körper“, so erklärt es Prof. Dr. Andreas Michalsen in seinem Buch „Mit Ernährung heilen“, „reagiert darauf fast schon mit Panik.“

Im Eiltempo schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus und die entsprechenden Körperzellen öffnen schlagartig ihre Zuckerpforten, um den Zucker aus dem Blut zu schaffen.

Kurze Zeit später allerdings fällt der Blutzucker wieder ab und zwar so tief, dass es als markanter Leistungsknick mit Müdigkeit spürbar wird.

In der Folge greift man dann meistens wieder zu Zucker, um den Blutzuckerspiegel wieder hochzuziehen.

Der Körper kommt dadurch aber kaum noch zur Ruhe und erschöpft schließlich. Die Bauchspeicheldrüse und die Körperzellen, die den Zucker normalerweise aufnehmen, gehen in den Streikmodus.

Es kommt zu einer Insulinresistenz, wodurch der Zucker in hohen Mengen ziellos in der Blutbahn schwirrt und dabei beginnt, unter anderem Gefäße zu schädigen.

Diabetes des Typs 2 ist eingetreten – eine Krankheit übrigens, die laut der Deutschen Gesellschaft für Diabetes 1960 noch nahezu unbekannt war, aber inzwischen allein 7 Millionen Deutsche betrifft.

Und das ist noch nicht alles. Neben einer Insulinresistenz und Übergewicht drohen nämlich noch weitere böse Nebeneffekte, die ein überhöhter Zuckerkonsum mit sich bringen kann wie eine Fettleber, Herzerkrankungen und sogar Krebs.

Es gibt also genug Gründe, um den eigenen Zuckerverzehr mal auf den Prüfstand zu stellen.

Um eine Einschätzung darüber zu bekommen, ob der eigene Zuckerkonsum noch als moderat oder bereits exzessiv einzustufen ist, listet Sarah Wilson in ihrem Buch „Goodbye Zucker. Zuckerfrei glücklich in 8 Wochen“ ein paar Warnzeichen auf:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht das Thema noch konkreter mit einer Mengenempfehlung an: Sie empfiehlt maximal 50 Gramm Zucker pro Tag beziehungsweise nicht mehr als 5-10 Teelöffel Zucker täglich.

Eine Empfehlung, der sich auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) anschließt.

Schon bei den Fragen von Sarah Wilson hatte ich das ungute Gefühl, dass ich das meiste leider mit „Ja“ beantworten müsste. Nun rechne ich für mich selbst nach, wie viel Zucker ich am Tag verzehre – und bin entsetzt.

Ich verfehle die empfohlene Zuckermenge nicht nur leicht, sondern komme locker auf das Dreifache heraus, ohne, dass ich zum Beispiel Kohlenhydrate überhaupt miteingerechnet hätte:

Das zusammen ergibt 130 Gramm oder anders gesagt: 32,5 Teelöffel Zucker, die ich täglich zu mir nehme.

Hatte ich mich davor aus bloßem Interesse mit dem Thema Zucker beschäftigt, realisiere ich an diesem Punkt, dass ich ganz klar ebenfalls als zuckersüchtig einzuschätzen bin.

Ich komme daher zu dem mir einzig sinnvollen Schluss, dass ich mich selbst mal der achtwöchigen Zuckerentwöhnungskur nach Sarah Wilson unterziehen sollte.

„Bei der Entgiftungsphase werden Sie sich manchmal ziemlich mies fühlen. Bei mir dauerte das nur eine Woche, bei manchen dauerte es sechs Wochen“, bereitet mich Sarah Wilson auf mein Experiment vor und lässt dabei gleichzeitig verlauten: „Danach ist es kein Problem mehr, Zucker wegzulassen – versprochen!“

Wie ein Mantra werden mir diese Worte in den kommenden acht Wochen immer wieder durch den Kopf gehen und ich mich dabei auch immer mal wieder in einem wütenden imaginären Dialog mit der australischen Anti-Zucker-Pionierin erwischen.

Aber dazu später mehr.

Die 8-wöchige Kur ist klar strukturiert: Die ersten zwei Wochen dienen als Eingewöhnungsphase, in der sich sowohl das Mindset als auch der Körper auf die kommenden Wochen des Verzichts einstellen können sollen.

Sukzessive wird dabei nach und nach auf immer mehr Zuckerquellen verzichtet. Angefangen bei Süßigkeiten und Softdrinks, über den Verzicht von raffinierten Kohlenhydraten und zuckerhaltigen Fertiggerichten, hin zu Säften, Trockenfrüchten und schließlich auch Obst.

Fünf Wochen lang darf dann nichts mehr zu sich genommen werden, das auf 100 Gramm mehr als 6 g Zucker enthält. Erst in der letzten Woche dürfen dann allmählich wieder Obst oder Honig probiert werden.

Neben Zucker selbst soll während der Fastenzeit außerdem auch auf Zuckerersatzstoffe verzichtet werden, da diese den Insulinspiegel ebenfalls durcheinander bringen können.

Obwohl ich mich neben meinen Zuckerausreißern grundsätzlich vollwertig und gesund ernähre, muss ich mein Einkaufsverhalten für die Anti-Zucker-Challenge einmal komplett umkrempeln.

Einkaufen dauert nun deutlich länger, weil ich alle Zutatenlisten erstmal ausführlich studieren muss. Gleichzeitig bricht mir ein Großteil meiner altbekannten Standardgerichte weg, für die ich genau wüsste, welche Zutaten ich bräuchte.

Unmittelbar bevor ich in die erste Woche starte, lasse ich dann noch einen Vorher-Bluttest erstellen. Ich möchte nämlich sehen, ob sich durch die Veränderung meines Essverhaltens in den nächsten acht Wochen am Ende tatsächlich Veränderungen in meinem Blutzuckerspiegel sehen lassen.

Außerdem stelle ich mich ausnahmsweise mal auf die Waage und messe außerdem meinen Taillenumfang. Es wäre ja möglich, dass es auch hier zu Unterschieden kommen könnte.

In der ersten Einführungswoche ist noch relativ viel erlaubt.

„Meiner Meinung nach reagieren Menschen auf totale Verbote mit Widerstand“ , erklärt Sarah Wilson das Konzept, „Wenn wir etwas gar nicht mehr essen sollen, begehren wir es umso mehr und denken die ganze Zeit daran.“

Ich müsste also noch ziemlich entspannt sein. Bin ich aber nicht.

Immer wieder wandern meine Gedanken zu dem Küchenfach, in dem ich meine Snacks aufbewahre und die für mich nun tabu sind. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich dafür gesorgt hätte, dass das Fach vor Antritt des Entwöhnungsprogramms leer gewesen wäre?

Als Alternative stopfe ich mich mit Nüssen und getrockneten Früchten voll. Letztere sind ja noch erlaubt.

Allerdings glaube ich, dass ich in dieser ersten Woche die Idee der Einführungswoche ziemlich verfehle.

Weil ich mich so unruhig und nervös fühle durch den Verzicht auf Schokolade, futtere ich nämlich vor allem getrocknete Datteln – die für ihren hohen Zuckergehalt besonders verschrien sind in „Goodbye Zucker“ – trotzig bis zum Exzess.

Die Bedingungen (ergänzend zu Woche 1):

Die Nervosität und Unkonzentriertheit aus Woche 1 hat sich gelegt. Ich habe sogar das Gefühl, mich besser konzentrieren zu können.

Vor allem aber ich jetzt richtig Lust, alle möglichen zuckerfreien Rezepten auszuprobieren und mit neuen Zutaten wie reiner Bourbon Vanille anstelle von Vanillezucker zu experimentieren.

Vor allem der Apfel-Halloumi Snack hat es mir angetan:

Halloumi und Apfel in ca. 5 mm dicke Scheiben schneide. Zunächst den Halloumi in eine heiße Pfanne legen.Die Pfanne dannn hin und her schwenken, damit sich das Fett aus dem Halloumi schön verteilt. Darin nun die Apfelscheiben legen. Beides von beiden Seiten goldbraun anbraten. Vor dem Servieren mit Salz und Zimt würzen.

Ansonsten versuche ich meinen Körper weiter darauf vorzubereiten, dass ab folgender Woche der konsequente Zuckerverzicht beginnen wird.

Entsprechend schraube ich sogar proaktiv meinen Konsum von Trockenfrüchten weiter herunter – und erlaube mir getrocknete Datteln gar nicht mehr.

Die Bedingungen (ergänzend zu Woche 1 und 2):

Ab jetzt  für die nächsten fünf Wochen nichts mehr über 6 Gramm Zucker!

Motiviert durch den ersten Teilerfolg, bereits zwei Wochen lang auf Schokolade verzichtet zu haben (den Dattelvollrausch lasse ich vor mir selbst unter den Tisch fallen) bin ich Feuer und Flamme: Yes, I can do this!

Inzwischen weiß außerdem wirklich jeder in meinem näheren Umfeld darüber Bescheid, dass ich mich in Zuckerverzicht übe – und wie wahnsinnig konsequent ich dahingehend bisher schon war.

Das spornt mich zusätzlich an, jetzt nicht schwach zu werden, auch wenn die Bedingungen nun deutlich härter sind.

Mir spielt in die Hände, dass ich mich außerdem ziemlich gut fühle. Ich habe viel weniger Blähungen und fühle mich morgens direkt nach dem Aufstehen irgendwie wacher als sonst.

Die Zuckerentgiftung scheint ihre Wirkung zu zeigen.

Zudem versorgt einen das Buch mit interessanten weiteren Fakten in Bezug auf Ernährung und Gesundheit  – ich bin abgeholt.

In Woche 4 würde ich aus akuter Unlust heraus am liebsten abbrechen.

Meine Experimentierfreude ist abgeflacht – es gibt auch kaum noch ein zuckerfreies Rezept, was ich im Eifer des Gefechts nicht schon ausprobiert hätte. Zumindest kommt mir das so vor.

Ätherisches Zimtrindenöl wird mein neuer ständiger Begleiter, an dem ich immer dann schnuppere, wenn mich der Heißhunger überkommt und ich gerade nichts Zuckerfreies essen kann. Oder wenn ich mich einfach emotional mitgenommen fühle. Denn das passiert irgendwie häufiger.

Schon Kleinigkeiten bringen mich aus der Balance, wie zum Beispiel, wenn ich vergessen habe, Milch einzukaufen und mir keine Kurkumamilch zubereiten kann. Darüber schießen mir tatsächlich Tränen in die Augen.

Außerdem führe ich ein Gespräch über Zuckerentwöhnung mit meinem Hausarzt, bei dem dieser deutlich macht, wie wenig er von der ganzen Aktion hält, die er als neuartige Modeerscheinung betitelt.

Die Welt ist eindeutig gegen mich.

Vielleicht waren die Stimmungsschwankungen in Woche 4 nur die Vorboten für das, was nun kommt. Denn jetzt fühle mich nicht nur psychisch labil, sondern auch physisch schwach.

Vor allem beim Training geht nichts mehr.

An manchen Tagen ist der Unwille so groß, dass ich mich schlichtweg gar nicht erst aufgerafft bekomme, überhaupt sportlich aktiv zu werden. An anderen Tagen gehorchen mir meine Muskeln nicht mehr und meine Kondition ist ein Desaster.

Zudem fühle ich mich angeschlagen: Hämmernde Kopfschmerzen, Husten und eine Müdigkeit, die mir fast den Boden unter den Füßen wegzieht.

Das könnte natürlich auch einfach ein Infekt sein. Aber so oder so ist mir klar, dass der Zuckerentzug an meine Substanz geht.

Ich stehe vor einem Dilemma, inwiefern ich auf meinen Körper hören sollte, der förmlich danach schreit, das Vorhaben abzubrechen.

Sind das einfach nur die Suchtnebenwirkungen, denen ich zu trotzen habe oder tut mir der Entzug – wieso auch immer – tatsächlich einfach nicht gut?

Ich entscheide mich für einen Kompromiss. Zwar setze ich das Programm fort, aber ich werde fortan zumindest wieder Kohlenhydrate wie Vollkornprodukte in meine Ernährung integrieren.

Ich habe das Gefühl, dass meine Leistungskurve wieder deutlich nach oben geht, seit ich wieder Kohlenhydrate zu mir nehme.

Mit neuem Tatendrang lade ich zu einem zuckerfreien Waffelessen zu mir ein.

Auch wenn man sich ja so manchen Gefallen unter Freunden tut – Fakt ist: Die Waffeln schmecken nicht.

Für „süße“ Snacks greife ich fortan also lieber wieder auf meine geliebte Goldene Milch und Maiswaffeln mit Mandelmus zurück.

Zudem habe ich mich inzwischen an Naturjoghurt gewöhnt, den ich mir gerne mit Zimt verfeinere.Vor Beginn der Anti-Zucker-Kur dagegen konnte ich dem gar nichts abgewinnen, wenn ich nicht Unmengen Honig oder Marmelade dazu mischte.

Jetzt sieht es so aus, als wenn meine Geschmacksknospen bereits eine Metamorphose durchlaufen hätten und sich auch mit weniger süß zufrieden gäben.

Wieder holt mich das Krankheitsgefühl ein und äußert sich kurz darauf in einer fetten Erkältung.

Dem Zuckerentzug kann ich das zwar nicht anlasten, aber ich verfluche die Kur trotzdem, weil ich mich vor allem in diesen Tagen nach frischem Obst verzehre und es mir selbst verbieten muss.

Ich frage mich, ob ich für das Experiment möglicherweise schon gewissermaßen leichtsinnig meine Gesundheit auf das Spiel setze, denn die Vitamine aus Äpfeln, Mandarinen und Co würden mir in der aktuellen gesundheitlichen Verfassung sicherlich gut tun.

Aber nachdem ich mir schon Kohlenhydrate wieder zugestanden habe, will ich nicht noch inkonsequenter werden.

Es sind außerdem nur noch wenige Tage bis zur achten Woche, in der ich offiziell wieder die ersten süßen Produkte probieren darf.

Neue Bedingungen, denn probiert werden, darf wieder:

Als ich in der letzten Woche das erste Mal wieder eine Mandarine esse, erlebe ich eine Geschmacksexplosion.

Meine Sinne sind so geschärft, dass ich das Gefühl habe, zum allerersten Mal in eine Mandarine zu beißen: So saftig, fruchtig und so wahnsinnig süß!

Mit der Rückkehr von Obst in meinen Alltag steigert sich meine Lebensqualität auf einen Schlag ins Unermessliche.

Honig oder Stevia wieder zu probieren reizt mich gar nicht mehr, genauso wenig wie die Aussicht, in einer Woche wieder Schokolade essen zu dürfen.

Mir fehlt einfach nichts mehr.

Als der Tag dann kommt, an dem ich wieder essen darf, was ich möchte, bin ich mit Freunden zum Frühstücken verabredet.

Zur Feier des Tages bestelle ich mir eine heiße Zartbitterschokolade und später noch einen Cappuccino, der mir mit einem Keks serviert wird. Obwohl ich kein Bedürfnis mehr danach verspürte, genieße ich den Geschmack von beidem doch sehr.

Nur wenig später kommt allerdings die Rechnung: Mein Magen kneift. Mit ziemlicher Sicherheit habe ich es für den Anfang einfach übertrieben.

Trotzdem freue ich mich sogar ein bisschen über die Reaktion, zeigt es doch, dass mein Körper sich anscheinend Zucker schon so abgewöhnt hat, dass er auf ihn direkt skeptisch anspringt.

„Wie geplant lasse ich direkt nach Ablauf der acht Wochen einen erneuten Bluttest machen. Bereits am Abend liegen mir die Ergebnisse vor, die mich erstmal ziemlich enttäuschen: Es gibt überhaupt keine Veränderungen!

Hat das Fasten von Zucker also am Ende gar nichts gebracht?

Frau Dr. Heidi Kluge vom Direktlabor Stephansplatz klärt mich auf: Entgegen meiner Erwartungen sei mein Blutzuckerspiegel einfach vorher schon ziemlich niedrig gewesen.

Entsprechend habe mein Körper alles mobilisiert, um diesen Blutzuckerspiegel trotz der Kur irgendwie zu halten und sich vermutlich an meinen Fettreserven schadlos gehalten.

Wird dem Körper nämlich weniger Energie zugeführt als er benötigt, fängt er an, seine Fettdepots aufzuspalten, um darüber an den benötigten Zucker zu kommen.

Und tatsächlich habe ich das Gefühl, dass ich trotz meiner „Fett-Fress-Eskapaden“, um meinem Hunger nach Süßem zumindest irgendetwas entgegenzusetzen, schmaler um die Taille geworden bin.

Das Nachmessen gibt dann die Gewissheit:  Ich habe ganze 5 cm Taillenumfang verloren – also genau dort, wo der Körper grundsätzlich am liebsten sein Depotfett bunkert.

Auch die Waage bestätigt die Theorie von Frau Dr. Kluge: Ich habe über die acht Wochen drei Kilo abgenommen.

Mein Körper scheint also wirklich alle Register gezogen zu haben, um zu verhindern, dass mein Blutzuckerspiegel weiter sinkt, weil dieser sowieso schon niedrig war.

Aber wie ist das überhaupt möglich, frage ich mich. Hatte ich nicht im Vorfelde ausgerechnet, dass ich laut der WHO und der DGE viel zu viel Zucker zu mir nehme?

Tatsächlich kann die Fähigkeit, Zucker abzubauen, von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen.

Vor allem wer viel Sport treibt, braucht beispielsweise mehr Zucker. Nicht in Form von Einfachzucker, aber zwingend in Form von Kohlenhydraten, wie sie nicht nur in Vollkornprodukten, sondern zum Beispiel auch in Obst und Gemüse vorkommen.

Anhand des Buches „Mit Ernährung heilen“ lerne ich außerdem, dass man nicht schlecht daran tut, nicht nur einfach die Menge an Zucker pro Lebensmittel zusammenzuzählen, sondern auch einen genaueren Blick auf die Zuckerquelle zu werfen.

Das gilt vor allem auch für Fruktose.

Oft liest man – so auch bei Sarah Wilson –, dass vor allem Fruktose, wie es in Obst aber auch zur Hälfte im geläufigen Haushaltszucker steckt, in seiner Schädlichkeit unterschätzt wird.

Anders als zum Beispiel Glukose, die in großen Teilen normalerweise gleich nach der Nahrungsaufnahme verbrannt wird, wird Fruktose im Körper nämlich direkt in Fett als Energiereserve umgewandelt.

Fruktose kann einen Menschen so tatsächlich von innen verfetten lassen.

Das gilt allerdings nur für die konzentrierte Form. Fruktose als Teil einer ganzen Frucht verzehrt, sieht dagegen ganz anders aus.

Wie Prof. Dr. Michalsen erklärt, sorgen nämlich die im Obst enthaltenen Ballast- und Nährstoffe, Vitamine und sekundären Pflanzeninhaltsstoffe in Summe für eine Balance, die für den Körper gesund ist.

Eine Aussage, die sich sogar mit einer Studie untermalen lässt. Dabei wurden den Probanden über mehrere Wochen hinweg 20 Portionen Obst pro Tag serviert.

Trotz dieser riesigen Menge an Fruktose blieben die Zuckerspiegel bei den Probanden im gesunden Bereich.

Und auch die Forschungsergebnisse über die sogenannten „Blue Zones“, den Regionen auf der Welt, wo die gesündesten und ältesten Menschen leben, kommen zu dem eindeutigen Schluss:

Reichlich frisches Obst, am besten dreimal täglich und zwar bevorzugt Beeren und Trauben – wobei vor allem letztere dafür bekannt sind, reichlich Zucker zu enthalten – kann das Leben verlängern.

Zucker ist also nicht gleich Zucker.

Aber Vorsicht: Bei Trockenobst oder Säften sieht das Ganze schon wieder anders aus! Es lohnt sich also wirklich, sich mit Zucker kritisch auseinanderzusetzen.

Als Impulsgeber, um sich mit dem eigenen Zuckerkonsum bewusster auseinanderzusetzen, eignet sich das Buch „Goodbye Zucker. Zuckerfrei glücklich in 8 Wochen“ ab 12,99€ bei amazon hervorragend.

Darüber hinaus liefert es auch viel inspirierenden Input, erläutert leicht verständlich ernährungstechnische Zusammenhänge und liefert eine große Rezeptvielfalt, die zum Ausprobieren einlädt.

Wer allerdings für sich selbst über eine Zuckerentwöhnungskur nachdenkt, dem würde ich zunächst einmal raten, im Vorfelde den eigenen Blutzuckerspiegel untersuchen zu lassen. 

Sollte der tatsächlich erhöht sein, macht es Sinn, gemeinsam mit seinem Arzt individuelle Maßnahmen zu besprechen.

Das Prinzip des Buches, gleichzeitig auf zwei wichtige und grundsätzliche Nahrungsquellen wie Getreide und Obst zu verzichten, muss nämlich nicht jedem gleich gut bekommen – wie ich an mir selbst merken musste.

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie gesundheitsfördernd grundsätzlich ein gemäßigter Zuckerkonsum ist – insbesondere von zugesetztem Zucker.

Sogar bei Sportlern, die zwar allgemein mehr Zucker verbrennen können, löst reiner, künstlicher Zucker Schwankungen im Blutzuckerspiegel aus, die durch die damit einhergehenden plötzlichen Leistungsabfälle sogar gefährlich werden können.

Von ein bisschen mehr Balance im eigenen Blutzuckerspiegel kann also jeder nur profitieren.

Zusätzlich habe ich an mir selbst gespürt, wie es meiner Verdauung bereits nach den ersten zwei Wochen deutlich besser ging.

Und nicht zuletzt profitieren von einer langfristigen Zuckerumstellung natürlich auch die Zähne.

Ich selbst konsumiere inzwischen Obst und Kohlenhydrate wieder wie vor den zwei Monaten. Aber ich achte jetzt noch gründlicher darauf, auf Vollkornprodukte zu setzen.

Zudem greife ich inzwischen vermehrt zu Zartbitterschokolade anstelle von noch süßerer Vollmilchschokolade, kaufe meinen Ketchup nur noch im Bioladen mit extra wenig Zucker und verwende beinahe ausschließlich nur noch solche Kaugummis, die mit nichts anderem als Xylitol gesüßt sind.

Auch wenn ich die von der WHO empfohlene Zuckermenge in meinem Alltag noch immer übersteige, kann ich zumindest zufrieden feststellen, dass mein Zuckerkonsum deutlich bewusster geworden ist.